Pilotprojekt für neue Technologie: Westnetz weiht erste kompakte SF6-freie Mittelspannungsschaltanlage ein

- Schwefelhexafluorid (SF6) wird in Schaltanlagen bislang standardmäßig eingesetzt
- Es hat isolierende, löschende und wärmeabgebende Eigenschaften und eignet sich daher für Schaltungen im Verteilnetz
- Neue SF6-freie Mittelspannungsschaltanlage setzt nun auf ein Alternativgasgemisch, die sogenannte „trockene Luft“
Ein entscheidender Grundstein für Klimaneutralität: Der Verteilnetzbetreiber Westnetz GmbH hat heute die erste moderne SF6-freie Mittelspannungsschaltanlage im E.ON-Konzern in Deutschland in Betrieb genommen. Die Besonderheit: Die Mittelspannungsschaltanlage von ABB in Wesel verzichtet auf den Einsatz des klimaschädlichen Gases Schwefelhexafluorid (SF6) und setzt stattdessen auf sogenannte trockene Luft – einem Stickstoff-Sauerstoff-Gemisch. Gemeinsam mit ABB treibt Westnetz die Entwicklung und Erprobung neuartiger, klimaneutraler Technologien voran.
Patrick Wittenberg, Geschäftsführer der Westnetz GmbH, erklärt: „Die Einweihung der ersten kompakten SF6-freien Mittelspannungsschaltanlage im E.ON-Konzern ist ein Meilenstein auf unserem Weg zur Klimaneutralität. Wir sind stolz darauf, Vorreiter bei der Umsetzung innovativer Technologien in unserem Netzgebiet zu sein und werden auch weiterhin nachhaltige Lösungen erforschen, um unseren CO2-Fußabdruck zu reduzieren.“
SF6 ist ein technisches Gas, das bislang standardmäßig wegen seiner isolierenden, löschenden und wärmeableitenden Eigenschaften in Stromschaltgeräten und -anlagen eingesetzt wird. Aber: Es hat ein starkes Treibhauspotenzial. Bei der SF6-freien Technologie kommt dagegen ein alternatives Gasgemisch mit einem höheren Druck zum Einsatz, das aus natürlichen Bestandteilen der Luft besteht und dem die Feuchtigkeit entzogen wurde – daher auch „trockene Luft“ genannt. Dieses Gasgemisch hat ebenfalls isolierende Eigenschaften. Zudem wurde die Schaltanlage selbst modifiziert, so dass sie in der Lage ist, die Wärme abzuleiten, die bei Stromübertragungen frei wird. Durch den Einsatz des von ABB entwickelten sogenannten Pufferschalters können auch in dieser „trockenen Luft“ Schaltungen durchgeführt werden.
Karsten Paeth, Leiter Marketing und Sales bei der ABB, erklärt: „Hintergrund des Pilotprojekts ist die Überarbeitung der EU-F-Gas-Verordnung, die voraussichtlich zum Januar 2026 den Einsatz von SF6 bei Neuanlagen im Mittelspannungsnetz bis 24kV weitestgehend verbieten wird. Wir von ABB haben darauf bereits vor Jahren mit entsprechenden Entwicklungsprojekten reagiert und Ersatzmöglichkeiten zu SF6 erforscht und Produkte entwickelt. Den Fokus legen wir auf Isoliergase, die lediglich Bestandteile der Atmosphäre enthalten, in einem für die technische Funktion optimierten Mischungsverhältnis. Durch die verschiedenen Entwicklungswege, die wir durchlaufen haben, können wir als Schaltelemente den Vakuumschalter als auch den Pufferschalter anbieten, der in der Station in Wesel zum Einsatz kommt. Mit dem Einsatz dieser Produkte unterstützen wir unsere Kunden, die Verteilnetzbetreiber, bei der Erprobung und Umsetzung der erwarteten EU-Vorgaben.“
Die SF6-freie Mittelspannungsschaltanlage versorgt den Westnetz-Standort in Wesel mit elektrischer Energie. Über die Trafostation, mit der Westnetz die neue SF6-freie Schaltanlage erprobt, sollen auch Ladesäulen für Elektromobilität versorgt werden.